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Lebendige Praxis

Was für eine Pflanze!?!

By Mai 8, 2019Januar 5th, 2021No Comments

Nach einem Tag im Büro ist unser Garten der Ort, der den Raum zur Erdung gibt. Barfuß zu säen, zu pflanzen und mit den Händen in der Erde zu wühlen hat für mich meditativen Charakter. Mit dem Duft von Frühlingsblumen und geschnittenem Gras, dem Zwitschern der Vögel und Sonnenstrahlen auf der Nase, lösen sich die „Anstrengungen“ des Tages schnell auf. Gartenarbeit ist ein Erlebnis für alle Sinne und schafft Raum für Gedanken und Beobachtungen.

Heute, in meiner Pflanzen- und Wildkrautinventur, galt mein Blick der vielen Acker- und Zaunwinden in unserem Garten, schlingen sie sich doch um alles was in ihrer Nähe ist. Kletternd rankt sie sich empor, ergreift jeden Halm und jede Hilfe, die sich ihr bietet.

Was für eine Pflanze!?! Kaum zu glauben, dass sie mit ihren zarten weißen Blüten so ausdauernd ist, alles zu umwickeln, was in ihrer Nähe ist. Lässt man sie gewähren oder befreit man die „Kollegen“, die unfreiwillig zur Stütze werden!?!

Haben wir nicht Glück, dass wir als Menschen ein eigenes Rückgrat bekommen haben, um uns aufrecht zu halten und unsere Standfestigkeit zu entwickeln. Wir müssen nicht an anderen „standfesten Pflanzen“ emporranken.

Oft sind es die zaghaften Menschen, die anfangs ihrer eigenen Standfestigkeit noch nicht trauen und jemanden brauchen, an den sie sich anlehnen können, um ihre zarten Blüten ins Licht zu bringen. Für mich ist es sehr beglückend, Menschen auf dem Weg in die Eigenständigkeit zu begleiten, um ihre natürlich angelegte Standfestigkeit und Eigenständigkeit zu stärken. Eigenständigkeit heißt für mich nicht, alles allein machen zu müssen oder mich von Beziehungen und Partnerschaften frei zu machen – im Gegenteil!

Eigenständigkeit bedeutet für mich, dass sich im Laufe der Zeit Beziehungen und Partnerschaften (beruflich und privat) in Eigenverantwortung entwickeln, in denen jeder für sich stehen kann und doch die verbundenen Menschen im Miteinander sind.

Eigenständigkeit bedeutet ebenso, dass jeder seine Fähigkeiten entfalten kann und man sich dadurch gegenseitig ergänzen kann. Es tut gut, jemanden an der Seite zu haben, der uns den Rücken stärkt und uns ermutigt, uns zutraut, dass wir unseren eigenen Weg gehen.

Dieser Weg braucht Pflege, ebenso wie mein Garten. Damit er lebendig bunt bleibt, werde ich einige der umschlingenden Wesen entfernen, sodass im Miteinander den anderen Pflanzen nicht die Kraft genommen wird zu erblühen.

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